Published July 2023
Worth a visit:
Villa Maraini
(Istituto Svizzero di Roma ISR)
Die Villa Maraini auf dem Pincio in Rom.
Carolina Sommaruga Maraini
Das ist Contessa Carolina Sommaruga Maraini (1869-1959). Ich begegnete ihr, als ich - nahezu alleine - durch die kühlen, von Schönheit durchdrungenen Räume einer Villa auf dem Pincio in Rom spazierte. Die Villa hatte ich durch Zufall entdeckt. Schon ein paar Tage war ich jeden Morgen auf dem Weg ins Zentrum von Rom daran vorbeigelaufen und hatte dabei den vielstimmigen Gesang der Vögel bemerkt. Die Villa liegt erhöht, sie ist umstellt von Pinien und Palmen, sie sind bevölkert von Vögeln, und wenn es in Rom heiß ist und schwül, sehnt man sich nach einem kühlen Ort, ohne Motorenlärm. So schlug ich eines Morgens schließlich doch den ansteigenden Weg zur Villa ein - und mit jedem Schritt wurde es stiller. Der Lärm Roms verklang. Vor der Terrasse wehte ein leichter Wind. Die Tür zur Villa stand offen.
Entree zur Villa Maraini.
Möbel gibt es in der Villa nur wenige. Kaminsimse, prachtvolle Fenster, die den Garten berahmen, Marmor, Terrazzo und das
Licht auf dem Pincio prägen die Räume. Im ehemaligen Boudoir sind die Wände mit Seidentapeten bespannt, deren Schimmer vom Verschleiß durch die Zeit kaum berührt
wurde.
Blick aus dem Salon der Villa in den Garten.
Großzügige Räumlichkeiten und Korridore, die mit jedem Schritt unerwartete Blickwinkel eröffnen, ein Haus, das auf den Garten
hin bezogen ist und doch mit jedem Detail des Interieurs, dem kleinsten Türgriff, den Knäufen, Fliesen, Treppenläufern, Sinn für Schönes und Bleibendes bezeugt. Wer hat hier
gelebt? Diese Frage beschäftigte mich augenblicklich. Wer konnte sich die Mittel leisten für solch ein Nonplusultra an Geschmack, stilsicher auf dem Grat zwischen herrschaftlicher
Tradition und bürgerlichem Understatement balancierend?
Systematik der Zuckerrübe nach
Wilhelm Raatz (1864-1919)
Es ist immer wieder faszinierend zu erleben, wie sehr das Kulinarische stilprägend einwirkt auf eine ganze Epoche. Wie es nicht nur die Esskultur beeinflusst, sondern den gesamten Lebensstil. Emilio Maraini war der Hausherr der Villa. Er lebte hier mit seiner Frau Carolina Sommaruga Maraini von 1905 bis zu seinem Tode, 1916. Carolina überlebte ihn um 43 Jahre. Das Vermögen der Familie verdankte sich dem Zucker aus Zuckerrüben.
Emilio Maraini (1853-1916)
Emilio Maraini stammte aus Lugano. 1873, mit zwanzig Jahren, begann er seine Karriere zunächst in den Niederlanden im Kolonialhandel mit karibischem Zuckerrohr. Doch die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts beschleunigte die Abkehr Europas von der Importabhängigkeit vom Zuckerrohranbau auf den Plantagen der überseeischen Kolonien. Bereits 1749 hatte der Chemiker Andreas Sigismund Marggraf, Direktor an der Königlichen Akademie der Wissenschaften Berlin, die Entdeckung veröffentlicht, dass bestimmte europäische Rübensorten Zucker enthalten. Seither wurde geforscht und gezüchtet, und die Zuckerrübe (beta vulgaris var. altissima) eroberte sich ihren Platz auf den Feldern Europas. Maraini kehrte dem kolonialen Zuckerrohrhandel den Rücken. Er ließ sich in Böhmen darin unterrichten, wie Zucker aus Zuckerrüben produziert werden kann. 1887 übernahm er in Rieti, unweit von Rom, die erste Zuckerrübenfabrik Italiens, die Zuccherificio di Rieti. Es folgten weitere Fabriken unter der Ägide Marainis in verschiedenen Regionen Italiens. Er gilt heute als Begründer der italienischen Zuckerindustrie. Ein Tycoon des bürgerlichen Zeitalters. Mit seinem Vermögen gründete er unter anderem Spitäler in der Schweiz und in Italien. Heute ist die Villa Maraini Sitz des Schweizer Kulturinstituts in Rom. Emilios Witwe Carolina, ebenfalls gebürtige Schweizerin, hatte die Villa 1946 der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschenkt. Sie ist heute Austragungsort für Kulturveranstaltungen, Ausstellungen, Lesungen und Konzerte - und steht Besuchern offen.
Treppe im Foyer der Villa Maraini -
ein Kulturdenkmal der Belle Èpoque.
www.istitutosvizzero.it
Published May 2023
Worth a visit:
Babington's Tea Rooms
Legendärer Treffpunkt in Rom,
gleich neben der Spanischen Treppe.
Die Schokotorte, die Audrey Hepburn während der Dreharbeiten für den Film Roman Holidays ("Ein Herz und eine Krone") in Babington's Tea Rooms so gerne gegessen hat, probierte ich zwar nicht. Trotzdem zählt mein Besuch in dieser legendären Adresse zu den bleibenden Erinnerungen meiner Reise nach Rom. Während draußen, an der Spanischen Treppe, der Touristentrubel tollt, herrscht bei Babington's wohltuende Stille, angenehme Kühle und ruhige Eleganz. Vorausgesetzt, man nimmt drinnen an einem der schmalen Tischchen Platz. Dann gibt es im Zentrum Roms kaum einen besseren Ort, um sich für ein Weilchen mal aus dem overtourism der Ewigen Stadt auszuklinken.
Tee und Törtchen sind bei Babington's vom Feinsten.
Gegründet wurde die römische Institution von zwei englischen Ladies. Isabel Cargill und Anna Maria Babington eröffneten Babington's Tea Rooms im Jahre 1893. Sie wollten ihren Landsleuten in der Stadt am Tiber Räumlichkeiten für die nachmittägliche Tea Time bieten. Englische Aristokraten, Vertreter der Upper Class, Kunstsinnige und Künstler hatten zu jener Zeit bereits einige Generationen lang Gelegenheit gehabt, sich als Rom-Kenner und Rom-Liebhaber zu etablieren. Meist nahmen sie in der Stadt mehrere Monate lang Quartier, und so etablierte sich dort bald ein fester Zirkel von Wahl-Römern aus dem englischen Königreich.
Lady of the House: Isabel Cargill,
eine der Gründerinnen von Babington's.
Als Johann Wolfgang von Goethe auf seiner italienischen Reise zum ersten Mal in Rom Station machte, bemerkte er bereits nach einigen Tagen, dass ihm die Gesellschaft von Engländern ganz gut tun würde: "... dass ich mir sehnlichst wünschte, von einem wohlunterrichteten Manne, von einem kunst- und geschichtskundigen Engländer nach Italien geführt zu werden", schrieb er am 7. November 1786 in einem Brief aus Rom. Ob er auf seiner Reise ins Land, in dem die Zitronen blühen, je Gesellschaft eines englischen Gelehrten fand, wissen wir nicht. Hätte es jedoch Babington's Tea Rooms damals schon gegeben, wäre ihm der Wunsch mit Sicherheit erfüllt worden. Denn im Tea Room an der Spanischen Treppe traf sich vom Tag seiner Eröffnung an quasi tout le monde.
Babington's ist berühmt für ausgezeichnete Tees.
Hätte Goethe über eine Zeitmaschine verfügt, wäre er bei Babington's mit Sicherheit auf viele namhafte Größen gestoßen. In den 1920er Jahren zum Beispiel und dann vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich Rom schnell wieder zum Sehnsuchtsort von Künstlern und Intellektuellen entwickelt. Und Babington's Tea Rooms wurden erneut zu einem jener Hot Spots, in dem sich Persönlichkeiten von Rang und Namen trafen. Wir können nur vermuten, ob der Dichterfürst und Geheime Rat die Gesellschaft von internationalen Filmgrößen wie Richard Burton und Peter Ustinov goutiert hätte, die sich gerne auf einen Tee bei Babington's zeigten. Audrey Hepburn jedoch, die hier tatsächlich Stammgast war, hätte ihn sicher entzückt.
Filmklassiker: "Roman Holiday"
mit Audrey Hepburn und Gregory Peck.
Piazza di Spagna 23:
Erste Adresse für Tea Time am Tiber.
www.babingtons.com
Worth a visit:
Villa Maraini
(Istituto Svizzero, Roma)
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